verband bildender künstler thüringen
verband bildender künstler thüringen e.v.
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Liebe Mitglieder unseres Verbandes,
liebe Förderer und Partner, liebe Kunstinteressierte,

bestürzt und fassungslos betrauern wir den Tod von Klaus Nerlich, unseres Freundes, Kollegen und Sprechers des Verbandsrats. Er hinterlässt eine Lücke, die wir lange nicht werden füllen können.

Im Folgenden finden Sie den Nachruf des Verbandes Bildender Künstler Thüringen e.V., den Sie - wie auch den Nachruf des BBK Bundesverbandes - zudem als PDF am Seitenende finden.

In der Galerie unseres Verbandes auf der Erfurter Krämerbrücke liegt ein Kondolenzbuch aus.

Nachruf des VBKTh auf Klaus Nerlich


*2.6.1952 +4.7.2021


Bestürzt und fassungslos betrauern wir den Tod von Klaus Nerlich, unseres Freundes, Kollegen und Sprechers des Verbandsrats im Verband Bildender Künstler Thüringen e.V.

Klaus Nerlich hinterlässt eine Lücke, die wir lange nicht werden füllen können, denn er war mehr als Künstler und Hochschullehrer – er war Initiator, Mentor und Streiter für Bildende Kunst, die ihm als unentbehrlicher Bestandteil des Lebens Freude und Verpflichtung war.

Geboren wurde er am 2.6.1952 in Erfurt. Nach dem Diplom für Architektur an der Hochschule für Architektur und Bauwesen Weimar studierte er Grafik an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig. Seit 1984 war er Kursleiter an der Weimarer Mal- und Zeichenschule. Nach einer Assistenz am Künstlerischen Bereich der HAB Weimar wurde Klaus Nerlich 1991 auf eine Professur für Gestaltung am Fachbereich Architektur der Fachhochschule Erfurt berufen, die er bis 2020 ausübte.

Diese Koordinaten der beruflichen Biografie verschmelzen mit seinem Wirken als Künstler zum Gesamtbild einer prägnanten Persönlichkeit von großer Präsenz: Nicht nur aus der Perspektive der Thüringer Kunst besetzt das künstlerische Werk von Klaus Nerlich eine aktuelle und gleichzeitig sehr individuelle Position. In einer ausgeprägten bildnerischen Sprache erwies er sich als wacher Zeitgenosse, der die Ideen, Diskussionen und Phänomene seiner Epoche künstlerisch spiegelte und verarbeitete. Klaus Nerlich reflektierte die Themen und Fragen seiner Zeit und gestaltete sein Welterleben mit immer frischen bildnerischen Konzepten und vitaler bildnerischer Kraft.

Hinter Klaus Nerlichs künstlerischem Schaffen stand stets der Gedanke, dass Kunst und Kultur in die Gesellschaft hineinwirken können und sollen. Mit der ihm eigenen Kraft, seine Begeisterung zu teilen, war er ein beständiger, allseits anerkannter und verlässlicher Netzwerker für Kunst und Kunstschaffende. In Verbänden und Gremien, im Dialog mit Partnern auf politischer Ebene oder mit Wirtschaftsunternehmen, regional und überregional, übernahm er an vielen Stellen Verantwortung, sei es als Vorstand, Projektleiter oder Berater. Das Ehrenamt war ihm Gewissenssache.

Im VBKTh ist Klaus Nerlich direkt mit seinem Eintritt in die Mitgliedschaft aktiv geworden, sei es in Ausstellungen, Projekten wie den „Offenen Ateliers“ oder im Engagement für die „artthuer – Kunstmesse Thüringen“. Mit der Wahl in den Vorstand des Verbandes im Jahr 2002 wurde er sowohl für die Mitglieder, Förderer und Partner als auch die Geschäftsstelle eine verlässliche Schlüsselfigur. Als Sprecher des Verbandsrates koordinierte er die strategischen Impulse aus der Mitgliedschaft, führte Projektideen zusammen und war Mittler zu den Netzwerkpartnern.

Klaus Nerlichs Rolle als Sprecher war geprägt vom positiven Wirken in die Künstlerschaft und in deren Netzwerke hinein, vom Werben für qualitätvolle künstlerische Arbeit, vom Mitreißen anderer zum ehrenamtlichen Engagement, von der Unterstützung neuer Initiativen und Projekte. Beispielhafte Ergebnisse sind das seit 2012 durchgeführte Projekt „Wert der Kreativität“, die Neuausrichtung der „artthuer – Kunstmesse Thüringen“ in Kooperation mit der Messe Erfurt seit 2016 und die vielen Ausstellungsprojekte des VBKTh, an denen er noch in seinen letzten Lebenswochen teilgenommen hat. In der Umsetzung des Digitalprojekts „Werkverzeichnis Bildende Kunst Thüringen“ war er eine treibende Kraft; auch dieser Einsatz für ein wichtiges Handwerkszeug zur Sicherung von künstlerischen Oeuvres gehört zu seinem Vermächtnis.

Dass der VBKTh heute eine sich beständig verjüngende Mitgliedschaft mit stabilen Mitgliedszahlen hat, sich als starker Partner für Ausschreibungen bei Wettbewerben und in Jurys einbringt, eigenständige große Projektvorhaben auf starker ehrenamtlicher Basis und mit motivierten Mitarbeitern durchführt, ist auch seiner Person, seiner stets offenen, öffnenden und wertschätzenden ehrenamtlichen Tätigkeit zuzuschreiben. Als Künstler und Mitglied konnte man immer auf ihn zählen, wenn es galt, Ausstellungsprojekte zu planen, vor Ort aufzubauen, sich auch während der Laufzeit einzubringen und das Rahmenprogramm mitzutragen. Für alle, die künstlerischen Rat suchten, nahm er sich aufgeschlossen und ernsthaft Zeit. Wer mit ihm in Aufnahmekommissionen, Jurys und Beiräten zusammenarbeitete, wird sich immer an Klaus Nerlichs Gewissenhaftigkeit, aber auch an den leisen Humor und die schmunzelnde Gelassenheit erinnern. Klaus Nerlich war großzügig und kompromissbereit; wenn sich jemand jedoch leichtfertig und nachlässig zur Kunst stellte, wenn er die Ernsthaftigkeit als Künstler vermisste, dann fand er deutliche Worte.

In der Kommunikation mit Partnern und Förderern des VBKTh setzte sich Klaus Nerlich mit Überzeugung und Hingabe für die Belange und Problemlagen seiner freischaffenden Künstlerkolleginnen und -kollegen ein. Es gehört zu seinen Verdiensten, das Verständnis für die oft prekäre Lage freier Künstlerinnen und Künstler im öffentlichen Bewusstsein und vor allem in der Kulturpolitik verankert zu haben. Auch die aktuellen Stipendienprogramme und Überbrückungshilfen während der Corona-Pandemie setzen genau dieses Engagement voraus.

Klaus Nerlich hat 2004 stark zum Zusammenfinden der Ständigen Konferenz der kulturellen Fachverbände Thüringens beigetragen und deren intensive Weiterarbeit ab 2009, mit Sprecherfunktion der Konferenz 2010 bis 2011, vorangetrieben. Im Jahr 2011 wurde er Gründungspräsident des aus der Ständigen Konferenz hervorgegangenen Kulturrates Thüringen e.V.

Für den VBKTh, der einige Jahre lang nicht im BBK Bundesverband organisiert war, ebnete sein Engagement den Weg zurück in diese Solidargemeinschaft, um den BBK aus Thüringen heraus, zusammen mit weiteren Landesverbänden, zu stärken. Seit 2017 war Klaus Nerlich Mitglied des BBK Bundesvorstands und leitete dort federführend das Projekt „Kultur macht stark“. Auch im Vergabebeirat der Stiftung Sozialwerk der VG Bild-Kunst vertrat er die Interessen der Bildenden Künstlerinnen und Künstler. Für dieses breite Spektrum ehrenamtlichen Engagements zeichnete ihn Ministerpräsident Bodo Ramelow am 3. Mai 2021 mit dem Verdienstorden des Freistaats Thüringen aus.

Trotz der Belastung durch die schwere Krankheit blieb Klaus Nerlich sowohl als Künstler wie auch als kulturpolitischer Akteur weiterhin aktiv. Bis kurz vor seinem Tod war er uns eine unentbehrliche Stütze in der Verbandsarbeit mit inhaltlichen Impulsen und dem Vorbild seiner Kraft, Haltung und Disziplin.

Im Januar dieses Jahres konnten wir, nach den schweren Therapien im Herbst, wieder gemeinsam und voller Hoffnung das neue Jahr mit einer Ausstellungseröffnung beginnen: Klaus Nerlich stellte seine im letzten Sommer auf Bornholm entstandene Serie der „Horizonte“ im Rahmen der Ausstellungen in der Verbandsgalerie des VBKTh auf der Krämerbrücke aus. Sie konnte nur online besucht werden, aber gleich in den ersten Minuten kam der Zoom-Account mit weit mehr als 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmern an seine Grenzen. Offen und unverstellt, ohne jede Larmoyanz sprach Klaus Nerlich in diesem Forum über seine Krankheit und machte sie auch künstlerisch zum Thema. Mit seinem festen Willen, gegen die Krankheit anzukämpfen – „Ich will einfach, dass es weitergeht!“ – hat er uns allen, die seine schwere Diagnose im vergangenen September erschüttert hat, Mut gegeben. Allen, die diese letzte Personalausstellung sehen konnten, hat die von ihm in eine neue bildliche Konzeption gefasste Auseinandersetzung mit den Themen Ewigkeit und Zeitlosigkeit unvergesslich ergriffen.

Unsere ganze Anteilnahme gilt jetzt seiner Familie, seiner Frau Sabine, den Kindern sowie den Enkelkindern.

Die dankbare Erinnerung an die gemeinsam mit Klaus Nerlich verbrachten Jahre und die vielen gemeinsamen Erlebnisse wird uns begleiten und uns eine Verpflichtung sein, in seinem Sinne weiter für die Kunst zu arbeiten und zu leben.


Der Verbandsrat und die Geschäftsstelle

Dr. Angelika Steinmetz-Oppelland, Dr. Gitta Heil, Andreas Bauer, Clivia Bauer, Johannes Gräbner, Monika Matthes, Christian Sachs, Benedikt Solga, Sybille Suchy, Elena Timtschenko sowie Michaela Hirche, Christine Kausch, Monika Lehmann und Tina Zeidler.

Erfurt im Juli 2021

Downloads


Nachruf_Klaus_Nerlich_VBKTh (pdf, 1,58MB)
Nachruf_Klaus_Nerlich_BBK (pdf, 92kB)
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